"Eine Kugel durch Googles Kopf": Was hat Cyanogen vor?

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Wer gedacht hätte, noch markiger als bisher könne sich Cyanogen Inc. in Person von CEO Kirt McMaster nicht mehr in Richtung Google und den eigenen Plänen für das Android OS äußern, sieht sich eines Besseren belehrt: Man werde eine "Kugel durch Googles Kopf" jagen, erklärt McMaster in einem aktuellen Interview mit dem Forbes Magazine martialisch — unterfüttert dieses Statement diesmal aber endlich mit ein paar konkreten Details dazu, wie dieses Vorhaben gelingen soll.

Fassen wir zusammen: Cyanogen will das "Android OS von Google befreien" und hat dazu bereits ein paar große Investoren sowie prominente Partner à la Microsoft um sich geschart. Die vage Rede war bislang von einem Android-Fork ohne Google Apps und Play Store, vom Untergang Apples und Samsungs — wenigstens im Einstiegs-Segment — und von einer wirklich offenen Alternative zu der "Tyrannei" aus Mountain View.

Wie es aussieht, hat Cyanogen Inc. außer großen Worten tatsächlich auch schon erste Planungs-Schritte in diese Richtung unternommen: In einem Interview mit dem Forbes Magazine erklärt McMaster, dass der in Miami ansässige Hardware-Hersteller Blu, der bislang Mittelklasse Android-Geräte für den Exklusiv-Vertrieb bei der Elektronik-Kette Best Buy produziert, noch vor Jahresfrist ein erste Smartphone mit Cyanogen OS vorstellen wird.

Statt der bekannten Google Apps werden Blu und Cyanogen Inc. bei diesem Gerät auf Alternativen wie den Opera Browser, Nokia HERE Maps,Spotify und den Amazon App Store setzen. Dazu kommen Microsofts Bing-Suche und der Windows-Sprachassistent Cortana. Blu-CEO Samuel Ohev-Zion sieht darin keinen Nachteil gegenüber dem Vorhandensein von Googles Applikationen:

"Wenn diese Anwendungen tief in das Telefon  integriert werden, funktionieren sie in den meisten Fällen sogar besser als die Google Apps."

Aber selbst, wenn das so sein sollte, wie will Cyanogen mit diesem Konzept Geld verdienen? Wie wollen die ehemaligen Custom ROM-Entwickler ihr Cyanogen OS für Hersteller interessanter als das mehr als etablierte Android OS von Google machen? Das soll über Deals mit Entwicklern respektive Publishern von Apps geschehen, die spezielle Vermarktungsmaßnahmen, Umsatz-Beteiligungen an In-App-Einkäufen bis hin zu angepassten regionalen Angeboten vorsehen.

Ein Teil der daraus entstehenden Einnahmen wiederum soll sogar Hardware-Herstellern wie Blu zukommen, die mit eventuell geringen Gewinn-Margen ihrer Geräte zu kämpfen haben. Die Frage, wo dabei allerdings der Anreiz für die App-Entwickler liegt, ihre Produkte also gegen Zahlung auf Geräte mit Cyanogen OS — die ja zu Beginn nicht unbedingt ein Millionenpublikum erreichen werden — zu bringen, bleibt im Forbes Interview leider unbeantwortet.

Was kratzt es den Redwood, wenn sich das Borstenvieh an ihm reibt ...

Aber: Offensichtlich hat Cyanogen Inc. mit Microsoft, Spotify und auch Dropbox ja schon ein paar Schwergewichte für sich gewinnen können — möglicherweise reicht das in der Kalkulation für einen guten Start der Android-Alternative, der dann wiederum mehr App-Publisher anlocken könnte.

Abzuwarten bleibt, was Google macht. Der Riese aus Mountain View wird kaum tatenlos zusehen, wie Cyanogen Inc. versucht, ihm das Android OS zu entreißen. Auf der anderen Seite müssen die Mannen um McMaster ja auch erst mal etwas außer heißer Luft auf die Beine stellen, dass dann auch noch eine wirklich ernst zu nehmende Alternative zum etablierten Android darstellt. Bis dahin gilt in Mountain View vermutlich die alte Weisheit von der Eiche und dem Borstenvieh (nur da halt mit Redwoods) ...

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