Roadtrip nach Los Angeles: Das taugt der Tesla Models S

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(© 2014 Elisabeth Thalinger Photography )

Edelste Verarbeitung, innovativste Technologie: Der Tesla Model S das wohl beste Elektro-Auto auf dem Markt ist, ist bekannt. Aber wie verhält sich das Fahrzeug in der Praxis, vor allem auf Langstrecken? CURVED hat einen Ausflug mit dem Tesla gemacht und bewertet, wie komfortabel die Fahrt damit wirklich ist.

Samstag, 11 Uhr am Bahnhof in San Jose. Gemeinsam mit Elisabeth, die seit Dezember 2012 den Model S (mit 85kwh und 360PS) besitzt, mache ich mich für einen Business-Trip auf den Weg nach Los Angeles. Die Strecke zu unserer Unterkunft beträgt 342 Meilen, laut Google Maps wäre das in fünf Stunden und sieben Minuten zu schaffen. Unser Transportmittel hält aber keine 250 Meilen ohne Aufladen durch. Und so führt uns unser erster Stopp gleich mal zur "Tesla Supercharger"-Station in ein Einkaufszentrum in Gilroy am Highway 101. Stauraum haben wir in dem Wagen genug. Neben dem riesigen Kofferraum bietet Tesla auch Platz unter der Motorhaube (oder dort, wo sich bei herkömmlichen Autos der Motor befindet).

Keine zwei Minuten im Tesla, macht Elisabeth mich auf eine Schwachstelle aufmerksam. Das Navigationssystem - Google Maps, erlaubt es uns nicht, eine andere Strecke als die des Systems gewählte (die kürzeste) auszuwählen. Erst wenn man eine andere Route einschlägt, berechnet das GPS neu. Wir geben uns mangels Zeit und Nerven geschlagen und folgen der Ansage des Systems. Die reagiert allerdings langsam, manche Richtungsangaben erhalten wir von der GPS-Stimme erst im letzten Moment. "Kann man keine anderen Apps installieren?", frage ich leicht verwundert. Nein, das riesige Touchscreen-Interface ist derzeit ein geschlossenes System. Hilfreich ist jedoch die detaillierte Straßenansicht, die der Fahrer in der Amaturenanzeige oberhalb des Lenkrads mit weiteren Systeminformationen erhält.

Kontrolle über die iPhone-App

Meine Enttäuschung macht kurz Pause, als ich sehe, dass der Bildschirm eine 3G-Verbindung hat: "Oh cool, kannst du damit Internet surfen und einen WiFi-Hotspot einrichten?" Ersteres ja, Wireless-Verbindung: Fehlanzeige.

Knapp vor 12 Uhr erreichen wir die erste Ladestation in Gilroy. Dort laden wir 225 Meilen auf, etwa 80 Prozent der Batterie. Nur 80 Prozent deshalb, weil wir Zeit sparen wollen. Etwa 45 Minuten braucht der Tesla für das Auffüllen. Würden wir voll "tanken", bräuchten wir etwas mehr als eine Stunde. Den Fortschritt des Ladens haben wir über die iPhone App im Blick - mit der übrigens auch andere Elemente des Fahrzeuges gesteuert werden.

Auftanken mit Kaffee

Nach der ersten Station geht es weiter auf der Autobahn I-5 in den Süden. Wir hätten zwar noch genug Energie, aber bleiben vorsichtshalber bei der nächsten Supercharger-Station halt. Die Gefahr, dass wir mitten in der Wüste ohne Strom stehen, ist zwar gering, aber dennoch gegeben. Beruhigend: Sollte man jemals mit leerer Elektro-Batterie am Straßenrand landen, kommt der Tesla-Service zur Hilfe. Bei der Raststation "Harris Ranch" füllen wir die Batterie sicherheitshalber auf. Dort sind erst mal alle sieben Stationen besetzt, finden aber rasch eine freie. Die zweite Pause nutzen Elisabeth und ich zum Mittagessen. Immerhin ist es schon fast 15 Uhr und die Hälfte der Strecke liegt hinter uns. Die Zeit vergeht überraschend schnell, und Fahrpausen sind mit oder ohne Tesla unerlässlich.

"Verbringt man einen Vormittag im Auto oder verschwendet einen ganzen Tag damit, Los Angeles zu erreichen?"

Der letzte Charger, bevor den Großraum Los Angeles erreichen, ist bei der Raststation Tejon Ranch. Die Supercharger-Stationen werden hier mit Solarzellen betrieben. Im Gegensatz zur vorigen Haltestelle sind hier die meisten Stationen unbesetzt. Der Kaffee ist noch nicht mal ausgetrunken, als die App das Erreichen seines Ladeziels meldet.

Schickes Design statt Parkhilfe

Staufrei erreichen wir unser Apartment in Venice um 19 Uhr - fast genau acht Stunden nach unserer Abfahrt. Drei Stunden länger als von Google prognostiziert dauert die Fahrt. Geht man davon aus, dass Fahrpausen und Verzögerungen auch mit einem anderen Fahrzeug passiert wären, haben wir wahrscheinlich knapp zwei Stunden durch die Tesla-Eigenheiten verloren.

Im Stadtgebiet fällt mir  eine weitere Eigenheit des Elektro-Autos auf. Steigt man vom Pedal, aktiviert das Model S den "Regen"-Modus. Was sich anfüllt wie eine Motorbremse ist ein automatisches "regeneratives" Bremsen, das Energie an den Akku zurückführen soll. Während ich in den ersten 30 Minuten im Tesla mehrere Kritikpunkte aufwarf, war ich die sieben Stunden darauf ruhig.

Was dem Tesla abgeht, ist ein intelligentes Navigationssystem

Beim Einparken jedoch kommt wieder Skepsis auf. Der Model S, gefühlt so groß wie ein Schiff, passt kaum in einen normalen Parkplatz. "Haben wir keine Parksensoren?", frage ich erneut überrascht. Nein - zwar gibt es eine Rückwärtskamera, Sensoren und weitere Einparkhilfen kommen jedoch nicht serienmäßig in dem Fahrzeug, dessen Kaufpreis bei 70.000 US-Dollar startet. Wer Parksensoren will, muss dafür zahlen. Warum Tesla grundsätzlich darauf verzichtet, liegt Gerüchten zufolge daran, dass man das schicke Design der Karosserie nicht damit stören will. Verwunderlich ist auch, dass es im Großraum Los Angeles erst eine Supercharger-Station gibt - in Hawthorne, neben Tesla-Gründer Elon Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX.

Fazit: Nett, aber nicht perfekt

Keine Frage: 350 Meilen mit einem Luxus-Elektroauto wie dem Tesla Model S zu fahren sind ein geschmeidiges Erlebnis. Acht Stunden darin sitzen ist durch die komfortable Innenausstattung sehr bequem. All das täuscht jedoch nach einer längeren Fahrt nicht über die Schwachstellen des Wagens hinweg: Bei Langstrecken muss das Aufladen strategisch geplant werden, das GPS ist für einen Kaufpreis von 70.000 Dollar aufwärts eine Beleidigung und Funktionen, die bei herkömmlichen Pkws Standard sind, kosten extra. Was dem Tesla abgeht ist ein intelligentes Navigationssystem, etwa durch die Integration von Waze. Für die Designer sollte es keine Herausforderung sein, eine Einparkhilfe zu entwickeln, die den Look der Karosserie nicht zerstört.

Die Route von San Francisco nach Los Angeles ist zwar gut mit Ladestationen abgedeckt. Doch auch wenn durch das Chargen nur zwei bis drei Stunden eingebüßt werden, ist diese Zeitdifferenz entscheidend: verbringt man einen Vormittag im Auto, oder verschwendet einen ganzen Tag damit, Los Angeles zu erreichen? Elisabeth, die den Tesla seit mehr als einem Jahr fährt, bestätigt meinen Eindruck: Das Fahrzeug ist zwar super, aber noch weit von perfekt entfernt. Was über den teuren Preis und Umwege für Ladestationen hinwegtröstet: Ärger über hohe Spritkosten bleiben erspart.  

Wie findet ihr das? Stimmt ab!

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