Stilkritik zu Material Design: Googles galantes Gesicht

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(© 2014 Google )

Früher knatschbunt und immer anders, jetzt supersimpel: Google holt mit seinem umfangreichen Redesign jahrelange Versäumnisse nach - zum Guten.

Warum schaut das nur so furchtbar aus? Diese Frage habe ich mir jedes Mal gestellt, wenn ich als iPhone-Nutzer mal wieder - nach dem HTC One M7 und dem Nexus 5 zuletzt mit dem HTC One M8 - Ausflüge in den Android-Kosmos unternahm. Die Funktionen überzeugten, die Offenheit des Systems wusste zu gefallen, aber der Look! Knatschbunt, Comic-Style. Schön war das alles nicht. Zuletzt versuchte sich Huawei bei seinem Ascend P7 mit der Emotion-Oberfläche dem iOS-Style zu nähern - allerdings mit Nachteilen bei der Performance.

Nun hat Google endlich Android L vorgestellt. Wichtiger: sein neues Material Design. Das soll nicht nur Android L verschönern, sondern die Marschrichtung für alle Geräteklassen mit Googles System vorgeben: Smartwatches, Smart-TVs, In-Car-Systeme. Im Gespräch mit The Verge verrät Googles Chefdesigner Matias Duarte, wie der neue Look entstanden ist. Das Ziel: egal, auf welchem Gerät Ihr Android bedient, Ihr sollt problemlos zwischen den Modellen hin- und herswitchen können. Mehr noch: Das System soll ich intuitiv bedienen lassen. Das war bei Android fraglos nicht immer der Fall.

Um das auch durchzusetzen, gibt sich Google restriktiv wie nie zuvor. App-Entwickler müssen sich künftig stärker an Designrichtlinien halten. Angelehnt ans gehypte Flat Design beruht "Material Design" vor allem auf Icons und Schrift. Mit einem Twist: Denn wirklich "flat" ist das neue Design nicht. Tatsächlich verfügen die Icons unter "Android L" über eine Z-Koordinate, können also auch hintereinander angeordnet werden. Auch hier gibt Google nun vor, wie die Animationen umzusetzen sind. Die Haus-Typo "Roboto" hat man nochmal optimiert. Ergänzt wird das durch große einfarbige Flächen, wie wir es bereits aus Google+ kennen. Denn nicht nur Produkte mit Android L sollen das "Material Design" bekommen, auch Chrome und Google-Dienste, wie etwa Google Docs und Spreadsheets.

Nun obliegt es natürlich den Herstellern, ihre eigenen Interpretationen von Android L einzubringen. Doch Android-Wear-Geschwister sehen besser aus und bringen mehr Unterscheidbarkeit zu anderen Systemen.

Wohl der größte Vorteil: Google formt mit dem Material Design - längst überfällig - seinen Look. Während Apples Hard- und Software seit Jahren wie aus einem Guss erschien und Windows Phone durch sein Kacheldesign immerhin polarisierte, sahen sich Android-Nutzer mit uneinheitlichen Designs über die Geräte- und Firmware-Versionen hinweg konfrontiert. Mit dem neuen Material Design hat das ein Ende. Bis das Android-Ökosystem aber komplett im neuen, cleaneren Look erstrahlt, dürften allerdings noch viele Monate, wenn nicht sogar Jahre vergehen. Denn wir beobachten es auch gerade bei Android KitKat: Während die Durchdringung einer neuen iOS-Version innerhalb weniger Wochen auf nahezu 80 Prozent liegt, installiert nur ein Bruchteil der Nutzer auch die aktuell verfügbar Android-Version auf seinem Gerät. Ob Google Erfolg hat mit Android L und seinem kompletten Redesign? Was meint Ihr?

Wie findet ihr das? Stimmt ab!