App-ocalypse Now? Der unnötige Wirbel um das App-Massensterben unter iOS 11

WWDC 2015
WWDC 2015 (© 2015 Apple )

Die neue Beta für iOS 10.3 hat es klargemacht: Das Ende von 32-Bit-Apps ist nah. Hunderttausende Anwendungen sollen bald verschwinden. Grund zur Panik? Mitnichten. 

Überraschen dürfte das eigentlich niemand mehr. Vor allem nicht die Developer. Wir erinnern uns: Bereits im September 2013 veröffentlichte Apple iOS 7. Es war das erste Betriebssystem für iPhones, iPads und den iPod touch, das 64-Bit unterstützte. Perfekt also für das iPhone 5s mit dem A7, dem ersten Apple-Chipsatz, der 64-Bit unterstützte. Kurz erklärt: Bei 32 bzw. 64 Bit geht es um die maximale Datenmenge, die ein Chip verarbeiten kann. Mehr Datendurchsatz in kürzerer Zeit macht sich in besserer Performance bemerkbar. Apps starten schneller und laufen flüssiger.

Keine Überraschung, sondern lange bekannt

Im Oktober 2014 erklärte Apple wiederum, dass alle Apps, die nach dem 1. Februar 2015 eingereicht werden, 64-Bit-kompatibel sein müssen. Kurze Zeit dann die Ansage, dass dies auch für künftige Updates von bereits verfügbaren Apps gelten würde. Ab Juni 2015 wurden alle Apps, die nicht 64-Bit-kompatibel sind, nicht mehr zum App Store zugelassen. Im vergangenen September, drei Jahre nach der Einführung der 64-Bit-Technologie in Apple-Geräten, erklärte das Unternehmen wiederum, dass demnächst alle Apps, die nicht 64-Bit unterstützen, aus dem App Store fliegen.

Der Grund: Die nächste iOS-Version wird sehr wahrscheinlich 64-bit-only sein. 32-Bit-Apps würden dann nicht mehr funktionieren. Darauf deutet die neue Beta für iOS 10.3 hin. Hieß es beim Start von 32-Bit-Apps bislang, dass die Software "möglicherweise" das Smartphone verlangsamen könne, taucht nun eine Warnung auf: "Die App wird mit künftigen iOS-Versionen nicht mehr funktionieren. Der Entwickler muss sie aktualisieren, um ihre Kompatibilität zu verbessern."

Die Aufruhr ist groß: "Apple schickt Hunderttausende Apps auf Abstellgleis", heißt es. Von "Massensterben" ist die Rede. Von einer "App-ocalypse". Unzählige Apps seien künftig nutzlos.

Developer hatten genug Zeit

Ernsthaft? Seit September 2013 war Developern klar, dass die Umstellung passieren wird. Vier Jahre hat Apple den App-Betreibern ganze vier Jahre Zeit gegeben, ihre Software anzupassen. Nun sollen rund 200.000 Anwendungen von der Räumungsaktion betroffen sein. Das will die Marktforschungsfirma Sensor Tower herausgefunden haben und beruft sich dabei auf Apps, die zu den Top-Charts zählten. Allerdings sind in der Zählung auch nur Apps enthalten, die seit September 2013 nicht mehr aktualisiert wurden. Da 32-Bit-Apps aber noch bis 2015 zulässig waren, dürfte die Dunkelziffer noch höher liegen.

Was nun nach einem drastischen Schritt von Apple klingt, hat mein vollstes Verständnis. Es ist keine App-ocalypse, sondern ein notwendiger, viel zu lange hinausgezögerter Frühjahrsputz. Denn warum sollte ich auf einem aktuellen Highend-Gerät Software nutzen wollen, die ein Betreiber seit nunmehr vier Jahren nicht mehr aktualisiert hat? Offenbar hat dieser dann nur ein Interesse an der Infrastruktur und den Erlösen durch den App Store, aber nicht an einer zeitgemäßen User-Experience.

Ich selbst habe mich immer furchtbar geärgert, wenn ich eine App heruntergeladen hatte, bei der weder das Interface, noch die Einstellungen an die jeweilige iOS-Version angepasst waren. Von möglichen Sicherheitslücken und Abstürzen einmal abgesehen. Dass die Faulheit vieler App-Betreiber, die mit dem App Store gut verdient haben, nun abgestraft wird, ist deswegen nicht nur aus Nutzersicht die richtige Entscheidung.

iOS 11 erstmals 64-Bit-only

Ich bin sogar verwundert, dass Apple so viel Geduld an den Tag gelegt hat und nicht schon vor Jahren härter durchgegriffen hat. So haben sowohl iOS als auch die angeschlossenen Geräte über viele Jahre hinweg einen alten, langsameren Standard unterstützt – auf Kosten der Performance. Dass das Unternehmen nun nicht mehr in Kauf nehmen will, dass langsame Apps auf schnellen Geräte das Nutzererlebnis beeinträchtigen, ist nur folgerichtig.

Im Sommer zur World Wide Developer Conference (WWDC) gewährt Apple für gewöhnlich einen ersten Einblick in die Feature seiner kommenden Betriebssystem-Versionen. Wohl bis September haben die Entwickler nun Zeit, ihre Apps fit  zu machen. Dann kommt iOS 11, zusammen mit den neuen iPhones. Wird das neue iOS 64-bit-only, bedeutet das übrigens auch, dass die Apple-Smartphones vor dem iPhone 5s mit 32-Bit-Chips nicht mehr mit Software-Updates versorgt werden. Und sich zudem Apps nicht mehr herunterladen und nutzen lassen. Wer weiterhin ein kleines Apple-Smartphone sucht, müsste dann zum iPhone SE greifen. Aber hey: Nach fünf Jahren wird es vielleicht auch mal Zeit für ein neues Handy, oder? Wenn nicht wegen der Performance, dann für eine bessere Kamera, ein besseres Display und bessere Akkulaufzeit.

Wie findet ihr das? Stimmt ab!
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