WM-Blog (6): Beckenbauer coacht Samsungs Verlierer-Elf

Ja, is denn heut scho' Weihnachten?  Franz Beckenbauers Werbe-Auftritt gegen Samsungs Galaxy Aliens wirkt tatsächlich wie aus einer anderen Welt...
Ja, is denn heut scho' Weihnachten? Franz Beckenbauers Werbe-Auftritt gegen Samsungs Galaxy Aliens wirkt tatsächlich wie aus einer anderen Welt... (© 2014 Samsung, CURVED Montage )
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Man kann es eine Traumelf nennen: Messi, Ronaldo, Götze in einem Team? Was nicht bei der WM erlaubt ist, macht Samsung möglich – in seiner "Galaxy 11"-Kampagne, die so bombastisch wie geschmacklos daherkommt. Vor allem versammelt der 7-Minüter nach nur fünf Tagen erstaunlich viele Verlierer – angefangen beim „Kaiser“ selbst…

„Beckenbauer wird wohl gewusst haben, was er tat, als er all diese Stürmer auswählte“, tönt es dramatisch zum Auftakt des galaktischen Endspiels um den Fortbestand der Menschheit: „Fußball muss den Planeten retten“. Tatsächlich: In der Mentalität der trashigsten Hollywood-Blockbuster hat Samsung auch zu dieser Fußball-WM die vermeintlich Besten der Besten in einem Hochglanz-Video versammelt, das seit Monaten in Schnipseln angeteast wird.

Nun ist es endlich so weit: Pünktlich mit dem Anpfiff in Brasilien beginnt auch die erste Halbzeit der Galaxy-Weltelf gegen die Außerirdischen – Science Fiction-Schrott, bei dem das Schmerzensgeld entsprechend hoch ausgefallen sein muss, schließlich liest sich das Allstar-Line-up wie ein Dreamteam, das im echten Leben niemals zusammen spielen würde.

Iker Casillas (Spanien) in einem Team mit Lionel Messi (Argentinien; Kapitän), Mario Götze (Deutschland), Oscar dos Santos (Brasilien), Wu Lei (China), Stephan El Shaarawy (Italien), Victor Moses (Nigeria), Radamel Falcao (Kolumbien), Lee Chung-Yong (Südkorea), Wayne Rooney (England), Landon Donovan (USA), Aleksandr Kerzhakov (Russland) und Cristiano Ronaldo (Portugal).

Skurrile Versammlung aus WM-Abstinenzlern…

Spätestens an dieser Stelle dürfte der geneigte Fußballfan mehrfach stutzen, denn etwas stimmt mit dem Team nicht. Etwas? Es stimmt hinten und vorne nicht: Dass die virtuelle Traumelf eine Ansammlung an Offensivkräften ist, die auf dem realen grünen Rasen angesichts einer nicht vorhandenen Defensive besser nicht den Ball verlieren sollte – geschenkt.

Doch die vor dem WM-Turnier zusammengestellte Traumelf wirkt schon nach wenigen Spieltagen so künstlich wie viele Samsung-Spots selbst. Radamel Falcao? Kolumbiens Stürmerstar ist verletzungsbedingt nicht dabei. Landon Donovan? Die alternde US-Ikone wurde von Jürgen Klinsmann in bekannter Manier rasiert und durfte es gar nicht mit nach Brasilien. Wu Lei (China)? Fand seinen Platz im Samsung-Spot wohl eher als Quoten-Stürmer für den wichtigsten weltweiten Absatzmarkt.

…und WM-Verlierern…

Doch auch die tatsächlich in Brasilien präsenten Topstars wurden bereits nach wenigen Spieltagen entzaubert:  Iker Casillas? Sah bei Spaniens 1:5-Debakel fürchterlich aus und galt als Hauptschuldiger der hohen Niederlage – zum weltbesten Keeper zählen „den Heiligen Iker“ nicht mehr viele Experten. Team-Kollege Cristiano Ronaldo von Real Madrid? Bot gestern gegen die deutsche Elf eine desolate Vorstellung und enttäuschte schwer.

Wayne Rooney? Teilt mit Ronaldo bei der verdienten 1:2-Niederlage gegen Italien exakt dasselbe Schicksal eines Stürmerstars auf verlorenem Posten. Victor Moses? Nigerias Außenstürmer mühte sich beim bisher trostlosesten Spiel der WM zu einem 0:0 gegen den Iran. Südkoreas Lee Chung-Yong und das russische Pendant Aleksandr Kerzhakov treffen heute in einem der wohl unbeachtetsten Spiele der WM noch aufeinander.

„Das Schicksal der Menschheit steht auf dem Spiel“ – mit Beckenbauer als Coach

Bleiben gerade mal drei Sieger, die dem Spiel trotzdem nur bedingt ihren Stempel aufdrückten: Lionel Messi mit dem Siegtor für Argentinien, Mario Götze mit ansehnlichem Kombinationsfußball beim deutschen Sieg gegen Portugal und noch Brasiliens Spielmacher Oscar dos Santos. Ob das gegen die blutrünstigen Aliens reicht?

Man muss sich bei Samsungs Verlierer-Elf schon seine Gedanken machen. Erst recht beim Blick an die Seitenlinie. Dort dürfte Weltmeister-Coach Franz Beckenbauer bekanntlich gar nicht stehen, wenn es nach den Regularien der FIFA geht. „Es könnte schließlich nicht mehr auf dem Spiel stehen“, dröhnt Samsung in seinem siebenminütigen Heißmacher trotzdem, der nun die erste Halbzeit zeigt.

Es kommt, wie es kommen muss: Die Galaxy-Elf geht gegen die Aliens von Team Hurricane in den ersten 45 Minuten unter, Casillas patzt ironischerweise wie schon gegen die Niederlande, während sich Ronaldo und Messi gegenseitig behindern. Halbzeit, in der ausgerechnet der Kaiser als majestätische Fehlbesetzung schlechthin gefragt ist – es steht schließlich „das Schicksal der Menschheit auf dem Spiel.“ Selten wurden Werbemillionen wohl sinnloser verballert als in Samsungs Vorstellung von galaktischem Weltfußball – aber irgendwo müssen die 14 Milliarden Dollar Marketingausgaben schließlich bleiben…

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