Drei Gründe für das Fairphone 3 – und einer dagegen

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Fairphone Text (© 2019 CURVED )
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Wisst ihr, was alles in eurem Smartphone steckt? Ziemlich viel – doch leider verursacht die Produktion der ganzen Technik Probleme für Mensch und Natur. Das niederländische Unternehmen Fairphone B.V. will mit seinem neuesten Smartphone, dem Fairphone 3, dagegen angehen. Doch was genau macht Fairphone anders?

Die Zahl der Smartphone-Nutzer steigt Jahr für Jahr. Besaßen laut Statistikportal Statista im Juli 2015 rund 46 Millionen Menschen ein Smartphone, waren es 2018 schon 57 Millionen Smartphone-Nutzer. Anfang 2010 hatten nur 8,43 Millionen Personen in Deutschland ein Smartphone.

Auch wenn der weltweite Smartphone-Absatz im vierten Quartal 2016 seinen Höhepunkt erreicht hat und seitdem zurückzugehen scheint, ist er immer noch deutlich über den Verkaufszahlen vom Anfang des Jahrzehnts. Allein im dritten Quartal 2019 gingen weltweit fast 358 Millionen der smarten Geräte über die Ladentheke.

Was allerdings dabei mit über die Ladentheke geht, sind Armut, Kinderarbeit und Produktionsketten mit ökologisch katastrophalen Folgen. Auch das Fairphone 3 ist nicht frei davon, allerdings versuchen die Hersteller so ressourcensparend sowie umwelt- und menschenfreundlich wie möglich zu produzieren.

1) Das Fairphone kämpft gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit

Der Großteil der Mineralien, die beim Smartphone zum Einsatz kommen, stammen aus dem Kongo. Neben Gold werden dort auch Kupfer und Kobalt abgebaut. Kupfer brauchen die Hersteller für die Leiterplatte, Kobalt und Gold kommen im Akku zum Einsatz. Diese Mineralien werden unter schwierigsten Arbeitsbedingungen gewonnen.

Besonders die Kobaltgewinnung im Kongo ist problematisch. Von dort kommt etwa die Hälfte des weltweit geförderten Kobalts. Ein Bericht von Amnesty International hatte im Jahr 2016 gezeigt, dass sogar Siebenjährige Kobalt abbauen, und das bis zu zwölf Stunden am Tag. Für ihre Arbeit bekommen die Kinder ein bis zwei Dollar pro Tag, gesundheitliche Risiken des Abbaus sind unter anderem gravierende Lungenschäden.

Zuletzt wurden die Tech-Giganten Apple, Google, Microsoft, Tesla und Dell sogar wegen Beihilfe zur Kinderzwangsarbeit angeklagt, berichtete CBS. Apple, Dell und Google reagierten bereits und verwiesen auf ihre Unternehmensrichtlinien, die Kinderarbeit kategorisch ausschließen – die Anschuldigungen würden sie allerdings weiter prüfen wollen. Apple zum Beispiel prüfe regelmäßig seine Zulieferer und verbanne Produzenten, die seinen Richtlinien widersprechen.

Was machen die Niederländer also anders? Auch das im Fairphone 3 eingesetzte Kobalt kommt zum Großteil aus dem Kongo. Das Material sei dem Unternehmen zufolge bisher nicht ersetzbar, außerdem sei die Menge zum Recyceln nicht ausreichend. Daher waren die Hersteller vor Ort im Kongo und haben sich die Situation angeschaut.

Das Unternehmen unterstützt Initiativen und ausgewählte Minen vor Ort, die faire Arbeitsbedingungen aufweisen und ihre Wertschöpfungskette transparent machen. Außerdem versuchen sie, so viele Zwischenhändler wie möglich zu vermeiden, um erkennen zu können, wie fair der Kobaltabbau tatsächlich vonstattengeht.

2) Fairtrade Gold: Die Fairphone-Hersteller vermeiden Konfliktmineralien

Neben Rohstoffen wie Kobalt sind auch das seltene Erden-Metall Tantal wichtig für die winzigen Hochleistungskondensatoren, die in den Handys zum Einsatz kommen. Dafür braucht es Coltan, das ebenfalls im Kongo abgebaut wird. Die Minenbetreiber vor Ort sind oft Warlords – oder die Betreiber müssen Schutzzölle an eben diese bezahlen. Der Abbau dieser sogenannten Konfliktmineralien findet unter unkontrollierbaren Produktionsbedingungen statt, Schmuggelei und Revierkämpfe um die Minen sind laut Enough Project an der Tagesordnung.

Beim Fairphone werden laut einer entsprechenden Pressemitteilung seit 2016 transparente Liefer- und Produktionsketten für die vier Konfliktmineralien Zinn, Gold, Wolfram und eben auch Tantal unterstützt. Alle Ressourcen werden demnach unter konfliktfreien Bedingungen abgebaut.

So arbeitet das Unternehmen zum Beispiel mit Initiativen wie der "Conflict Free Tinn Initiative" und "Solutions for Hope" zusammen. Dafür ist Fairphone seitdem der erste Produzent von Unterhaltungselektronik, der zertifiziertes Fairtrade-Gold in seine Lieferkette aufgenommen hat. Das Label wird erst bei Einhaltung von klaren Richtlinien vergeben, wie beispielsweise einem Mindestpreis für Arbeiterinnen und Arbeiter sowie klaren Schutzbestimmungen für Bergarbeiter.

3) Fairphone unterstützt Kreislaufwirtschaft

Eine Konsumgesellschaft ist auch eine Wegwerfgesellschaft – und wer hat nicht ein ausgedientes Smartphone in der Schublade liegen? Bei der Entsorgung von Elektroschrott im Hausmüll können giftige, nicht abbaubare Stoffe wie Blei, Quecksilber und Nickel ins Grundwasser gelangen. Doch gerade beim Handy kann ein Großteil der Stoffe wiederverwertet werden.

Allerdings landet der Elektroschrott aus Europa oft containerweise im Ausland – wie zum Beispiel in Ghana. Dort sind regelrecht giftige Müllhalden entstanden, die allerdings von den Ortsansässigen nach verwertbaren Materialien durchsucht werden. Der Rest wird verbrannt – unter Zuhilfenahme von Isolierschaum aus Kühlschranktüren, wobei krebserregende Giftstoffe freigesetzt werden. Das berichtete die ARD-Sendung Planet Wissen Anfang September.

Neben allen Initiativen im Bereich der Produktionsbedingungen unterstützt Fairphone auch eine nachhaltige Produktionskette, indem die Niederländer Maßnahmen in Richtung einer Kreislaufwirtschaft unterstützen. Das heißt: Im Idealfall müssen überhaupt keine Ressourcen mehr abgebaut werden, die vorhandenen Materialien aus entsorgten Smartphones und anderem vermeintlichen Elektroschrott werden recycelt, weiter genutzt und bei der Produktion neuer Geräte eingesetzt.

Somit müsste im Idealfall auch nichts weggeworfen werden – und das Problem der Entsorgung würde gar nicht entstehen. Darüber hinaus unterstützt das Unternehmen Initiativen vor Ort beim Recycling der Wertstoffe.

Außerdem versucht Fairphone auch anderen Entwicklungen etwas entgegenzusetzen, die für Mensch und Umwelt zerstörerische Folgen haben können. Ein Beispiel: Während in neuen Geräten die Technik immer kleiner wird und immer mehr Features eingebaut werden, setzen die Handybauer auf Größe, wie Fairphone-Gründer Bas van den Abel der Tagesschau schon zum Start des ersten Fairphone erklärte. Denn viele der Materialien würden nur dafür gebraucht, um die Technik kleiner zu machen.

Und ein Grund gegen den Kauf eines Fairphone 3

Trotz aller Unterstützung für Projekte, die für Nachhaltigkeit, Ökologie und gute Arbeitsbedingungen eintreten – den kleinsten ökologischen Fußabdruck hinterlässt immer noch der Nicht-Kauf. Behaltet also euer Smartphone so lange wie möglich, lasst es reparieren, soweit es möglich ist, und geht sorgsam damit um. Das schont nicht nur Ressourcen, sondern auch euren Geldbeutel.

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