Das müsst Ihr zum Taxi-Zoff mit Uber und Co. wissen

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(© 2014 CC: Flickr/zak mc )

Auf den Straßen Europas herrscht Krieg. Wer gegen wen? Und warum? Wir erklären Euch, was es mit dem Taxi-Zoff um Uber, Wundercar und Co. auf sich hat.

Und schon wieder ist es die alte Welt, die sich gegen die neue aufbäumt. Einst kämpfte die Buchbranche gegen in London gingen in dieser Woche rund 12.000 “Cabbies” auf die Straße. Rund um den Picadilly Circus standen die Taxen still. Der Vorwurf: Uber ist illegal. Die App installiert eine Art Taximeter auch in Privatautos und berechnet den Fahrpreis auf Basis der zurückgelegten Strecke. Mit anderen Worten: Jeder wird zum Taxifahrer. Das will die Lobby natürlich nicht auf sich sitzen lassen. So organisierte der britische Verband LTDA einen Streik, der für Verwirrung und Chaos sorgen sollte.

Wer kämpft gegen wen und warum?

Und auch in Deutschland kracht es derzeit gewaltig. in der Hansestadt zu verbieten. Die Begründung: Die App biete eine kommerzielle Personenbeförderung an und sei somit genehmigungspflichtig. Und eine solche Erlaubnis könne keiner der 120 in der Stadt registrierten Wundercar-Fahrer vorweisen.

In Berlin hatte zudem ein Fahrer im Frühjahr mit einer Klage gegen Uber Erfolg. Dessen Fahrer darf nicht auf der Straße auf neue Fahrgäste warten, sondern muss nach jeder Tour zur Basis zurückkehren. Dem Limousinendienst wurde darüber hinaus in Brüssel der Dienst untersagt. In Paris demolierten aufgebrachte Fahrer bei Protesten sogar das Auto eines Uber-Chauffeurs.

Wer jetzt denkt, dass sämtliche neuen Transport-Startups in einem Boot sitzt, der liegt falsch. Denn tatsächlich kritisiert myTaxi ebenfalls Uber scharf. "Fakt ist, dass es in Deutschland Regeln und Gesetze gibt, die festlegen, dass nicht jeder mit einem Führerschein und einem Auto entgeltlich Personen befördern kann“, heißt es in einer Mitteilung. "Wir sind der Ansicht, dass das Personenbeförderungsgesetz auch für die Services von Uber und WunderCar gilt." Fahrer müsstenüber einen Personenbeförderungsschein (P-Schein) verfügen.

Welche App will was?

Derzeit sorgen drei Anbieter für Aufsehen: Uber, mytaxi und Wundercar. Uber ist eine App, die die Vermittlung von Mietwagen mit Chauffeuren, genannt "Uber Black", und Privatfahrern, "Uber Pop" genannt, erlaubt. Das Unternehmen wickelt dabei nicht nur die Vermittlung, sondern auch die Bezahlung ab und bekommt dafür 20 Prozent des Fahrpreises. Gerade bei Jüngeren ist Uber Pop recht beliebt, weil die Fahrer nicht in Taxi-typische Funkanlagen, Sicherungen oder spezielle Versicherungen investieren müssen - und so meist günstigere Fahrten anbieten können als "echte" Taxifahrer.

Einen anderen Ansatz wählt Wundercar, ein Startup aus Hamburg. Über die App und die Online-Plattform sollen Menschen Fahrer kennenlernen. Von Bezahlung ist nicht die Rede, lediglich ein Trinkgeld könne man dem Fahrer zukommen lassen. Die Bezahlung läuft bargeldlos übers Internet - Wundercar erhält 20 Prozent.

mytaxi ist in Deutschland fast schon ein Urgestein. Seit 2010 am Markt setzt auch mytaxi auf eine eigene App, die ortsbasiert zwischen Fahrer und Fahrgast vermittelt. Bezahlt wird entweder digital oder bar. myTaxi bekommt eine variable Vergütung, die seit einigen Monaten an eine Art Auktionssystem für Fahrten gekoppelt ist, welches von vielen Fahrern kritisiert wird. Bis zu 30 Prozent geben diese dann an das Unternehmen ab.

Was ist die Kritik der Taxifahrer?

Letzten Endes geht es um die Verdrängung des alten Taximeter-Modells, wonach die Taxi-Unternehmen ein Monopol auf die Beförderung von Fahrgästen abseits des Öffentlichen Nahverkehrs hatten. Für die Taxifahrer selbst geht es um die eigene Existenz und die Verdrängung durch Privatpersonen. Zudem kritisiert der Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands BZP, Michael Müller, dass Privatfahrer nicht ausreichend versichert seien, keine regelmäßigen Gesundheitschecks absolvieren würden und die Ausbildung und der technische Zustand des Autos nicht geprüft würden.

myTaxi hingegen stand in der Vergangenheit unter anderem wegen des Datenschutzes in der Kritik. So werden etwa bei der Vermittlung von Fahrten ein Bild, Namen und genaue Positionsdaten übermittelt. Zudem werden seit einigen Monaten Fahrten per Auktion vermittelt. Das bedeutet: Wer myTaxi die höchste Provision verschafft (bis zu 30 Prozent), der wird auch bei der Vergabe von Fahrten priorisiert. Die Fahrer werfen dem Anbieter deswegen Dumping vor.

Seid Ihr von den Protesten betroffen?

Nahezu in allen Metropolen revoltieren die Taxibetriebe und -Fahrer derzeit gegen die Startups. Gegen Uber sind Proteste in Berlin und nach Angaben des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands in Hamburg, Köln und München geplant. In Mailand wollen rund 5000 Fahrer streiken, ebenso in Madrid. Ähnliche Demos sind in Paris geplant, wo rund 3000 Fahrer die Flughäfen Orli und Charles de Gaulle blockieren wollen. Und auch in Lissabon, Sao Paolo und Chicago wollen die Taxibetriebe auf die Straße gehen. In den USA kam es sogar schon zu Ausschreitungen, bei denen Taxifahrer die Wagen von Uber-Fahrern demolierten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Protesten - auch in deutschen Großstädten - weitergehen werden und es dadurch zu Ausfällen kommen kann.

Wie reagieren die Unternehmen?

Um die Kritiker zu besänftigen, hat Wundercar eine Umgestaltung seines Geschäftsmodells vorgenommen: Bisher sahen Fahrgäste immer, wie viel andere Nutzer im Schnitt gezahlt haben. Nun werden nur noch die Betriebskosten von 35 Cent pro Kilometer als Empfehlung präsentiert. Denn:  Laut der Hamburger Wirtschaftsbehörde dürfen die Fahrer nicht mehr verlangen. Allerdings ist es weiterhin möglich, nichts oder weitaus mehr zu bezahlen. Gegenüber der dpa erklärte eine Sprecherin der Wirtschaftsbehörde, dass das lediglich eine "Kosmetik an der App" sei und das Verbot weiterhin gelte. Wundercar will das Verbot trotzdem ignorieren und den Betrieb fortführen.

Uber hingegen sieht den weltweiten Protesten gelassen entgegen. Zunächst sieht es danach aus. Zumindest haben Uber und Wundercar Rückschläge zu verzeichnen. Allerdings sehen die App-Anbieter den Protesten gelassen entgegen. Zumindest Investoren glauben an eine große Zukunft für die Ridesharing-Apps. Uber sammelte erst Anfang Juni bei einer Finanzierungsrunde 1,2 Milliarden US-Dollar neues Wagniskapital ein und ist damit schon rund Nutzerzuwachs von 850 Prozent zur Vorwoche freuen. Auch Wundercar profitiert vom Verbot: Dank der Berichterstattung melden sich nach eigenen Angaben rund 50 Nutzer pro Minute an - zuvor waren es noch 100 am Tag. Mit anderen Worten: Es gibt einen riesigen Bedarf an einer Alternative zu den etablierten Taxis, die nach Schätzungen allein in der Hauptstadt einen Umsatz von 125 Millionen Pfund im Jahr machen.

Wie erfolgsversprechend sind die Proteste?

Letzten Endes sind die Taxifahrer die Bauernopfer in diesem Streit, in dem es vor allem einen Gewinner gibt: die Fahrgäste. Die waren jahrzehntelang von der Preisgestaltung einiger, weniger Taxiunternehmen abhänging, die wie Grafen über ihre Fahrtgebiete herrschten und denen allzu oft Preisabsprachen und Investitionen zu Lasten der Fahrer nachgesagt wurden. Mit myTaxi wurde die Branche vor einigen Jahren wachgerüttelt, Fahrgäste bekamen mehr Transparenz und mehr Auswahl. Nun, wo myTaxi gerade bei seinen Fahrern in der Kritik steht, drängen neue Anbieter auf den Markt, die schnell Nutzer hinzugewinnen und von der massiven Publicity profitieren. Aufhalten lässt sich diese Bewegung trotz etlicher Verbote wohl kaum, dafür genügt ein Blick auf den US-Markt, wo Uber mittlerweile zur festen Größe zählt.

Wie berechtigt ist die Kritik?

Schließlich markieren sie einen weiteren Meilenstein für Städter, die neben dem Zugriff auf Carsharinganbieter wie Car2Go und DriveNow nun auch Alternativen zum altbackenen Taxi-System bekommen. Wie heißt es doch so schön: Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Und die Proteste in London haben es gezeigt: Die Betriebe vor Ort haben über Jahre versäumt, einen sicheren Transport zu garantieren und vernünftigte Preisstrukturen aufzubauschen. Der Run auf Uber und Co., er ist vor allem eine Watsch’n für die Taxiverbände Europas.

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