Nach Greenpeace-Studie und vor der IFA: Ertrinken wir in Smartphones?

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Am Montag veröffentlichte Greenpeace die Ergebnisse einer deutschlandweiten Umfrage. Deren Ergebnis: Den Deutschen gibt es zu viele Smartphones am Markt. Ist das so? Gerade so kurz vor der IFA und dem bevorstehenden Hardware-Herbst eine berechtigte Frage.

Das Ergebnis der Studie in aller Kürze: Der Aussage „Handy-Hersteller bringen im Jahr zu viele neue Modelle auf den Markt“ stimmen 69 Prozent der 1000 Befragten zu. Warum Greenpeace eine derartige Umfrage in Auftrag gibt, ist klar: Wenn Hersteller zig Smartphones pro Jahr herausbringen, ist das alles andere als nachhaltig. "Die Menschen wollen nicht das Gefühl bekommen, schon nach einem Jahr ein veraltetes Smartphone zu besitzen", lässt sich Manfred Santen, Greenpeace Chemie-Experte, zitieren. "Die Hersteller müssen auf den Wunsch nach nachhaltigeren Geräten reagieren und langlebige Smartphones auf den Markt bringen."

Kürzere Produktzyklen und immer größere Portfolios

Hier wird meiner Meinung nach der Begriff "Langlebigkeit" unpassend verwendet. Auch im Jahr 2016 könnte ich noch mit einem iPhone 4 telefonieren, SMS schreiben, WhatsApp und Facebook nutzen - allerdings nicht mit der Geschwindigkeit neuer Modelle. Dass die Smartphone-Modelle der vielen Hersteller nicht mehr so lange halten, lässt sich bislang nicht bestätigen. Den subjektiven Eindruck, nach einem Jahr angesichts neuer Modelle auf dem Markt, gefühlt ein "veraltetes" Smartphone zu besitzen, werden hingegen viele Nutzer nachvollziehen können, die nicht alle zwölf Monate in ein neues Gerät investieren wollen.

Doch wenn wir von "zu vielen" Smartphones reden, dann meinen wir nicht nur immer kürzere Produktzyklen, sondern vor allem einen enormen Anstieg der verfügbaren Modelle eines Herstellers. Gab es damals noch das Top-Gerät mit einem Mini-Ableger, ist das Smartphone-Portfolio nahezu jedes Herstellers extrem granular.

Wenn das neue Modell schneller ist, aber weniger Features besitzt...

Beispiele gefällig? Wohlgemerkt: Es handelt sich um einen Überblick der jeweils verfügbaren Smartphones in Deutschland zu diesem Zeitpunkt. Honor etwa vertreibt derzeit das Honor 5X, das Honor 5C, das Honor 6 Plus, das Honor 7 sowie das Honor 7 Premium.

Der Mutterkonzern Huawei bietet hierzulande das Huawei P9, Huawei P9 Plus, Huawei P9 lite, Huawei Mate 8, Huawei Y625, Huawei Mate S, das Huawei Mate S mit Press Touch, Huawei GR3 sowie das Huawei Y3 und Y6 und auch das GX8, das ShotX und mit dem Huawei P8 und P8 lite die erfolgreichen Vorgänger an.

Von LG momentan in Deutschland erhältlich sind das LG G5, das LG K4, das LG K8, das LG K10, das LG Stylus 2, das LG V10, das LG X CAM, das LG X Screen, das LG WineSmart, das LG Class und das LG Bello 2.

Bei Samsung sind es das Galaxy J1 (2016), das Galaxy J3 (2016), das Galaxy J3 Duos, das Galaxy Note 7.

Bei Sony derzeit noch verfügbar sind das Xperia Z5, das Z5 Premium, das Z5 compact, das M5, das E5, das Xperia X, das Xperia XA, das Xperia X Performance.

Die Konsequenz: Es gibt nicht mehr das eine Smartphone bis x Zoll bzw. für x Euro, das man wirklich empfehlen kann. Am Beispiel von Honor 5C und 5X wird es noch deutlicher: Das 5C ist neuer und schneller als das 5X, verfügt aber nicht über einen Fingerabdrucksensor wie das 5X - und dennoch kosten beide Smartphone derzeit 199 Euro. Eine weitere Konsequenz: Weil Hersteller derart rasant neue Smartphones auf den Markt bringen, sind mitunter beim Launch neue Mittelklasse-Modelle teurer als die "älteren", aber immer noch besser ausgestatteten Highend-Geräte aus dem Vorjahr.

Wenn wundert es da noch, dass die Geräte von OnePlus so erfolgreich sind? Alle neue Features in nur einem Gerät zum Mittelklasse-Preis. Damit ist das OnePlus 3 derzeit nahezu unschlagbar in Sachen Preis-Leistung.

Warum machen die Hersteller das?

Fragt man sie, lautet die Antwort beinahe einhellig: Weil machen Nutzern etwa die Kamera wichtig ist, anderen wiederum ein großer Akku usw.. Gleichzeitig lockt man Kunden, die neue Features haben wollen, aber wiederum nicht das schnellste Gerät am Markt brauchen. Zudem ist die Highend-Sparte derart hart umkämpft, dass sich bei Einsteiger- und Mittelklasse-Smartphones schneller Gewinne machen lassen.

Doch wer sein Portofolio derart aufsplittet, der lässt Nutzer Gefahr laufen, dass sie schnell auch mal zum für sie falschen Gerät greifen. Und als Hersteller über so viele Produkte hinweg frühe Updates auf die neue Androidversion bereitzustellen, ist unmöglich - wie man an den langen Wartezeiten auf Marshmallow erkennt. Von der enormen Ressourcenverschwendung, wie Greenpeace sie anprangert, ganz zu schweigen.

Ein Fazit

Festhalten können wir zumindest: Ja, es gibt sehr viele Smartphones. Und je nachdem, ob man die Auswahl durchblickt oder eben nicht, können es zu viele sein. Dass die Hersteller gegensteuern und nur noch eine Handvoll Geräte - oder noch weniger - auf einmal verkaufen, halte ich derzeit für extrem unwahrscheinlich. Der Smartphonemarkt ist schlicht zu gesättigt, als dass nun nicht jedes Unternehmen versuchen wird, auch noch die kleinste Nische zu besetzen.

Mich interessiert vor allem: Wie seht Ihr das? Was wünscht Ihr Euch von den Herstellern? Weniger Smartphones? Oder mehr Smartphones? Welche Features sind Euch wirklich wichtig? Und was darf es dann maximal kosten? Teilt Eure Meinung mit uns in den Kommentaren

Wie findet ihr das? Stimmt ab!