"Save": Warum Facebook Euch jetzt bookmarken lässt

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Facebook (© 2014 CURVED Montage )

Mit dem heutigen Tage rollt Facebook in der Desktop-Ansicht wie innerhalb der Apps für iOS und Android ein von vielen lange gewünschtes Feature aus: Mit der neuen Save-Schaltfläche lassen sich Links, Orte oder auch Artikel und Seiten für spätere Lektüre oder Besuche abspeichern. Dabei kratzt die Funktion allerdings nur an der Oberfläche des Wünschenswerten und lässt viel Raum für Verbesserungen — sofern Facebook überhaupt im Sinne des Nutzers verbessern möchte. Denn vorrangig zielt die Save-Funktion auf eine Optimierung und des Profits für das soziale Netzwerk ab.

Wer Facebook wie ich weniger als soziale Plattform zum Austausch von Blödeleien, Selbstdarstellungen oder Erinnerungen mit den sogenannten Freunden, sondern eher als Werkzeug , als News-Aggregator oder schickeren RSS-Feed nutzt, der darf sich über das neue Save-Feature freuen: Endlich beim Scrollen durch den Feed interessante Links per Knopfdruck merken und später in Ruhe lesen. Gar nicht mal unbedingt Stunden später offline, sondern einfach direkt nach dem Stöbern durch den Stream. So müsst Ihr Facebook endlich nicht mehr dauernd verlassen oder gar abwägen, ob Ihr die App beenden wollt. Das fehlte bislang und macht vor allem die mobilen Anwendungen deutlich effektiver — auch im Sinne von Facebook, das ja schon länger versucht, so etwas wie ein RSS-Feed zu werden, der hochqualitativen Content an die Frau und den Mann verteilen möchte. So weit, so erfreulich.

Doch schnell stellt man fest, dass diese "Read it later"-Funktion verglichen mit ähnlichen Services anderer Anbieter, wie Pocket oder Instapaper, nur halbherzig, umständlich und vor allem auf den Verbleib bei Facebook umgesetzt wurde (weswegen auch die Integration der genannten Dienste nicht implementiert ist und wohl auch nicht werden wird). Und das dürfte absichtlich geschehen sein.

Die Links bleiben hier!

Das ursprüngliche Problem in oben dargestelltem Szenario ist, dass sich Facebook-Links innerhalb der mobilen Apps per se nicht direkt speichern und damit auch nicht an einen Offline-Lese-Dienst teilen lassen. Es gibt also keine Möglichkeit, Artikel aus dem Stream für die spätere Lektüre in Pocket oder Instapaper zu verschieben. Natürlich weil Facebook das nicht möchte (Die Google+-App erlaubt das übrigens auch nicht. Dort kann ich mir gepostete Links aber wenigstens in die Zwischenablage legen lassen. Das macht es für den Nutzer nicht wirklich praktischer, zeugt aber von einer leicht anderen Politik Googles).

Facebook verdient natürlich Geld mit Traffic und Klicks auf der eigenen Domain. Sämtliche ausgehenden Links aus dem Netzwerk sind mit Referrern versehen, die auf Facebook verweisen. Deswegen gibt es keine direkte Teilen-Option nach draußen — es würde schlicht geschäftsschädigend sein, wenn die Nutzer fortan die auf Facebook geteilten Inhalte woanders konsumieren. Und deswegen gibt es auch keinen Offline-Modus, weil dieser die Artikel automatisch ihrer Anzeigen berauben würde — ein Offline-Leser klickt keine Werbung — und damit das Geschäftsmodell ad absurdum führen würde.

Also scheint zumindest das interne Save-Feature zunächst als Segen — und im begrenzten FB-Kosmos ist es das auch: Fast alles, was ich spannend finde, aber nicht gleich lesen oder anschauen möchte, landet per Button im neuen Save-Ordner. Allein sind sowohl diese Schaltflächen bei externen Links als auch der Ordner sehr versteckt — erst über das Dropdown-Menü in der oberen Ecke eines Beitrages finde ich die Speicher-Funktion und den Ordner muss ich unter dem ganz rechten Tab irgendwo zwischen diesen nie genutzten Listen finden. Es scheint fast, als wolle Facebook nicht, dass die neue Funktion von möglichst vielen Nutzern wahrgenommen wird. Außer zum Beispiel bei Check-ins: Hier prangt der Bookmark-Button prominent direkt im Posting.

Ja, was speichern sie denn? Das Save-Feature dient auch dazu, den Nutzer besser kennenzulernen

Warum Facebook das zur Stunde so hält und den sichtbaren Lesezeichen-Button nicht durchgehend gut sichtbar in die Postings integriert, ist schwer nachzuvollziehen: Tatsächlich scheint dieses im "eigenen Saft" verhaftete Speichern von Postings geradezu ideal, noch mehr Umsatz zu generieren, da man der Content-erstellenden Kundschaft somit eigentlich einen weiteren Anreiz schafft, auf Facebook aktiv zu sein (und bei Bedarf zu buchen) — das Save-Feature ist eine Maßnahme gegen das Untergehen und Übersehenwerden im immer schneller und voller werdenden Stream der Nutzer, sprich der Rezipienten der Werbung.

Wenigstens dass der Ordner mit den vom Nutzer abgelegten Postings so versteckt ist, lässt sich leicht erklären: Facebook hat angekündigt, seine Nutzer von Zeit zu Zeit selbsttätig an gespeicherte Inhalte zu erinnern — und hier kommt der eigentliche Clou der neuen Funktion: Sehr wahrscheinlich ist, das hier bestimmte, lukrative Inhalte priorisiert behandelt werden, um somit ein weiteres Marketing-Mittel in der Hand zu haben respektive verkaufen zu können: "Klar, wir können Eure Inhalte erneut anbieten — in diesem Falle sogar explizit interessierten Lesern, die sie ja vorher gespeichert haben. Das kostet aber natürlich extra ..." Insofern muss der Nutzer besser gar nicht selbsttätig sie gespeicherten Inhalte abarbeiten; es reicht  Facebook wenn er nur fleißig speichert und damit seine Interessen für noch gezieltere Werbe- und Sponsoringmaßnahmen preisgibt.

Diese mutmaßlichen Hintergründe beiseite ist das Save-Feature aus Nutzersicht wenigstens im Hinblick auf eine bessere Handhabe des sozialen Netzwerkes durchaus ein Fortschritt. Sehr wahrscheinlich ist, dass Facebook das Ganze noch als Test betrachtet und den Bookmark-Button bei Erfolg auch auf externe Postings bringt. Nur eine Integration von Drittanbieter-Apps für das spätere Lesen wird es auf Facebook wohl niemals geben. Und damit wird Facebook auch niemals zu einem vollwertigen und hübschen RSS-Ersatz werden. Und das ist in Anbetracht der Tatsache, dass Facebook nun mal stets und mit jeder neuen Maßnahme eigentlich immer die Maximierung der Erkenntnisse über das Nutzerverhalten, des Traffics und des  Gewinns im Hinterkopf hat, bestimmt auch besser so.

Wie findet ihr das? Stimmt ab!
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