Sonys Videobrille HMZ-T3W: Wer sehen will, muss leiden

Sony Videobrille HMZ-T3W: Gerd ist nicht begeistert
Sony Videobrille HMZ-T3W: Gerd ist nicht begeistert (© 2014 CURVED )
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Videos gucken und Spiele zocken, ohne dass andere etwas davon mitbekommen, was man gerade auf dem Display sieht? Kein Problem mit der Videobrille von Sony. Die HMZ-T3W verspricht perfektes Kopfkino, und das sogar in 3D. Doch manchmal sollte man nicht zu viel versprechen.

(© 2024 CURVED )

Eigentlich klingt es ja gut. Ich meine: Wer würde nicht gerne ungestört seine Filme schauen oder Spiele spielen – ohne, dass im Flugzeug oder der Bahn neugierige Sitznachbarn auf das Tablet-Display starren. Oder Zuhause, wenn man einfach mal wieder eine runde "Halo" zocken will – ohne die Hausbewohner damit zu belästigen. Besonders nachts ist das eine tolle Lösung. Ja, das Konzept einer Videobrille hat mich schon vor ein paar Jahren überzeugt, als ich das erste Mal die "Cinemizer" von Zeiss auf der Nase hatte.

Aber dennoch habe ich mir bisher keine Videobrille gekauft. Der hohe Preis hat mich dabei nicht abgeschreckt, sondern ganz banal der mangelnde Komfort und vor allem die nicht perfekte Bildqualität. Was bringt es mir, wenn ich einen virtuell großen Bildschirm sehe, aber das Gefühl habe, alte Kopien von Kopien von VHS-Videobändern zu sehen?

Alles anders – aber kaum besser

Inzwischen gibt es ja OLED, Full-HD und Retina, also muss ich mir um Bildqualität keine Gedanken mehr machen. Es ist an der Zeit, einen neuen Versuch zu wagen. Außerdem sind Videobrillen dank Gear VR und Morpheus in Kürze wieder en vogue. Also habe ich mir mal die derzeit technisch beste Sony-Videobrille auf die Nase gesetzt. Sie trägt den schönen Namen HMZ-T3W und soll mir ein unbeschreibliches Sehvergnügen bescheren. Und das nicht nur in bester Qualität, sondern auch in 3D.

Ich habe keine Ahnung, wer sich das seltsame Gestell der Videobrille ausgedacht hat, aber es wirkt ein wenig so, als ob der Designer Luigi Colani mal ein wenig Science-Fiction-Technik entwerfen durfte. Schön sieht anders aus.  Dafür stecken in dem wulstigen Gehäuse zwei winzige OLED-Displays, die immerhin eine Auflösung von 1280 x 720 Pixel ermöglichen. Brillenträger haben allerdings ein wenig Probleme damit, sich das Gadget aufzusetzen – es sei denn, die Sichthilfe ist eher klein.

Nichts für Brillenträger

Dafür lässt sich der Linsenabstand ein wenig variieren und  individuell auf den Träger anpassen. Dennoch bekomme ich es nicht hin, das Bild komplett scharf zu stellen – an den Kanten wirkt es häufig so, als würde ich durch eine Milchglasscheibe gucken. Nicht immer, aber sobald die Brille ein wenig verrutscht, wird das Bild teilweise unscharf.

Damit das nicht passiert, hat die Videobrille zwei Haltevorrichtungen, mit der sie am Kopf festgezurrt wird. Das klingt ein wenig martialisch – und das ist es auch. Die beiden Plastikriemen lassen sich in der Größe verstellen, dennoch bleiben beim Absetzen jedes Mal ein paar meiner eh schon wenigen Haare am Verschluss hängen. Und auch wenn 320 Gramm nicht nach viel Gewicht klingen, nach einer Weile spüre ich jedes einzelne Gramm. Die rund drei Stunden Laufzeit des Akkus wirken so für mich nicht wie ein cooles Feature, eher wie eine Drohung: "Wer schön sehen will, muss leiden!"

Kabellos ist relativ

Auch die Mobilität ist so eine Sache mit der Sony-Videobrille. Es gibt mehrere Möglichkeiten, Inhalte zu übertragen. Für beste Resultate wird das Signal vom Zuspieler, beispielsweise einer Playstation 4, per HDMI an den Receiver der Videobrille geleitet. Von dort führt ein Kabel zum Empfänger der Videobrille. Und vom Empfänger geht das Signal dann direkt, natürlich per Kabel, zur Brille. Dieser Empfänger lässt sich übrigens nicht abnehmen, eine Halteklammer, beispielsweise um ihn am Gürtel zu befestigen, fehlt auch.

Die zweite Möglichkeit nennt sich zwar kabellos, aber ich vermute, dass Sony darunter etwas anderes versteht als ich. Wieder wird das Signal per HDMI-Kabel zum Receiver überragen, dann werden Bild und Ton per Funk auf den Zigarettenschachtel-großen Empfänger der Brille übertragen, von dort geht es wieder per Kabel zur Brille. Leider ist die Reichweite wirklich nicht optimal. In meiner Wohnung kann ich mich nicht sehr weit vom Sender entfernen. Nach nicht einmal zehn Meter ist Schluss – so könnte ich nicht in der Küche oder im Schlafzimmer schauen. Es sei denn, ich nutze die dritte Möglichkeit.

Hierbei kommt das Signal vom Smartphone. Dieses wird mit einem speziellen HDMI-Kabel direkt mit dem, Ihr könnt es Euch sicher denken, Empfänger der Videobrille verbunden. Schade, dass Sony den Empfänger nicht so ausgestattet hat, dass Videosignale per Funk vom Smartphone übertragen werden können.

Große Leinwand, nichts dahinter

Aber gut, auch wenn die Videobrille meines Erachtens ein paar Verbindungsprobleme hat, kommt es auf die Bildqualität an. Und hier muss ich sagen, dass ich positiv überrascht bin. Das ganze Sichtfeld ist eine einzige Leinwand. Es fühlt sich ganz cool an, immer das komplette Bild vor Augen zu haben – selbst wenn ich kurz den Kopf drehe. Um den Surround-Sound zu genießen, muss ich entsprechende Kopfhörer anschließen, Sony hat der Verpackung ganz ordentliche In-Ears beigelegt. Aber an den Klinkenanschluss passt natürlich jeder Kopfhörer.

Durch die Bauweise des Videobrille erscheint das Bild wie in einem dunklen Raum: Ein Gummischürze verhindert, dass Licht von außen das Erlebnis beeinträchtigt. Diese Schürze wird mit kleinen Gummihaken am Gestell befestigt – und lässt sich so auch leicht wieder abnehmen – zum Beispiel, weil man parallel noch einen Blick auf einen Tastatur oder das Smartphone werfen will. Aber leider lässt sich die Schürze nicht ganz so leicht wieder befestigen – beim ersten Versuch hat es etwa zehn Minuten gedauert, bis alles wieder fest verankert war.

Keine saubere Sache

Außerdem ist das Gummiteil ein echter Schmutzmagnet: Fussel, Haare und Staub fühlen sich darauf offensichtlich sehr wohl – und es bereitet mir großes Unbehagen, die Brille damit auf der Nase zu tragen. Ob Sony damit "Kopfkino" meinte?

Die Verarbeitung der Brille wirkt insgesamt so, als wäre es ein Spielzeug: Es wackelt an allen Ecken, es klappert und füllt sich billig an. Dabei beläuft sich Preisempfehlung der HMZ-TW3 auf 1299 Euro. Kein günstiges Vergnügen für eine nicht optimale Lösung. Sicher, wer häufig auf Geschäftsreisen ist und im Flugzeug sensible Daten bearbeiten muss, freut sich bestimmt über das blickdichte Display und die so gewonnene Privatsphäre. Aber entspannend ist es nicht, die Brille zu tragen und sich mit einem Film die Zeit zu vertreiben. Tja, Sony, das war wohl nichts.

Im nächsten Jahr bringt das japanische Unternehmen mit Morpheus eine neue Videobrille in den Handel. Sie dient als Zubehör für die Playstation 4 und soll so ganz neue Spielerfahrungen ermöglichen. Aber der Test mit der aktuellen Highend-Videobrille trübt ein wenig meine Vorfreude darauf. Meine Hoffnung ist, dass Sony bei Morpheus an Komfort und Qualität arbeitet – sonst  sitzt, wie beim Headmount-Display, auch dort das größte Problem direkt auf der eigenen Nase.

Wie findet ihr das? Stimmt ab!
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